Entstanden in einer politisch unruhigen Zeit und einer beginnenden Krise für die Allgäuer Leinwandproduktion – zeigt dieses Gemälde von 1805 den Leinwandfaktor Johann Georg Jeck mit seiner Familie, um seinen Schreibtisch versammelt.
Der Brief und die Einträge im aufgeschlagenen Buch beziehen sich auf Jecks berufliche Tätigkeit als Leinwandeinkäufer in Immenstadt mit Beziehungen zu schweizerischen Handelsherrn als Auftraggeber und haben folgenden Wortlaut:
„An Herrn / Herrn Jo: Georg Jeck /Leinwath Factor / in Immenstadt“ der Absendeort ist mit St. Gallen angegeben. Der Seiteneintrag im Buch lautet: „Immenstatt d 7t Dezem / 1805. / Herr Schremm weegen A Zollkosten (?) … / in St. Gallen / Ich bestätige unsre jüngst unterm … getroffene Verabredung / sende Ihnen ein Faß / Rose Leinwath mit 40 / Stück diese Br.“
Die politische Situation um die Jahrhundertwende löste eine Kettenreaktion veränderter Marktbedingungen und Konsequenzen für das Leinwandgewerbe aus. Die Revolutionskriege von 1796 bis 1805 hemmten den Handel mit dem Ausland. Durch die von Napoleon 1806 befohlene Absperrung des Kontinents vom Meer gingen die Märkte in Übersee verloren und fielen an die irischen Händler. Die spanischen Händler erteilten wegen der politischen Wirren in ihrem Land kaum noch Aufträge, so dass die Schweizer Kaufleute immer weniger Leinwand im Allgäu erwarben.
Zudem stellten die Schweiz und die preußische Provinz Schlesien die gleiche grobe Leinwand her, wie sie im Allgäu produziert wurde, nur setzten sie diese nach 1810 zu niedrigeren Preisen in Nordamerika ab. Hohe Einfuhrzölle in Österreich, unter denen besonders der Handel mit der Lombardei litt, und Einfuhrverbote in Italien verschärften die Lage. Schließlich stiegen in der Gunst der Kunden immer mehr Webwaren aus Baumwolle, da sie angenehmer zu tragen waren.
Von Seiten der Verantwortlichen im Handwerk versuchte man auf die veränderten Bedingungen zu reagieren. In eine schwierige Lage gerieten die örtlichen Faktoren. Während der Königsegg-Zeit kauften sie auf Rechnung auswärtiger Handelshäuser, seit 1806 aber nur mehr auf eigene Rechnung. Da Kaufbeurer und Schweizer Häuser von den Faktoren beträchtliche Mengen Leinwand erwarben, mussten diese über ein erhebliches Kapital verfügen.
1807 war der hier porträtierte Faktor Johann Georg Jeck gezwungen seine Zahlungsunfähigkeit zu erklären. (1)
Die Gesetze des Marktes schwächten den Leinwandhandel in der Region weiter, bis um die Jahrhundertmitte fast nur noch für den Hausgebrauch und nicht mehr für die Schau gewebt wurde.
(1) Vogel, Rudolf: Immenstadt im Allgäu. Landschaft, Geschichte, Gesellschaft, Wirtschaft, kulturelles und religiöses Leben im Lauf der Jahrhunderte, S. 337 f