Ordnung der Bindfadenfabrik

Bildnachweis: Archiv Museum Hofmühle

Die erste Generation der Fabrikarbeiter in der Frühzeit der Industrialisierung kam vielfach aus der ländlichen Bevölkerung und musste sich an einen neuen Alltag, an neue Arbeitsweisen und Wohnsituationen anpassen. Bisher war ihr Arbeitstag eher nach den Bedürfnissen der Nutztiere, die zu versorgen waren, strukturiert.
In der Fabrik erfasste die Stempel- oder Stechuhr die vorgegebene Arbeitszeit minutengenau.

Hinter der Fabrikpforte und dem geschlossenen Fabriktor wird Disziplin und Arbeit im Maschinentakt verlangt, was sich auch durch die Fabrikordnung ausdrückt. In der Immenstädter Mechanischen Bindfadenfabrik war die Fabrikordnung von 1856 als Plakat für alle sichtbar in den Werkhallen angeschlagen. Jeder Arbeiter und jede Arbeiterin hatte den gesamten Katalog an Vorschriften zu kennen.

Vorrangige Themen waren die Regelung der Arbeitszeiten, Pünktlichkeitskontrolle, die Verhinderung von Müßiggang und der Schutz von Gegenständen und Fabrikeigentum in und um die Fabrik.

Auszüge aus der Fabrik-Ordnung

§4 Die Arbeitszeit beginnt Morgens 6 Uhr und endet Abends 7 Uhr; Veränderungen hierin werden durch Anschlagzettel bekannt gemacht.

§7 Es ist den Arbeitern bei Strafe untersagt, in den Arbeitssälen Lärm zu machen, zu pfeifen, zu schimpfen, oder gar sich thätlich zu mißhandeln, ebenso ohne Noth ihre Plätze zu verlassen; auch ist denselben durchaus nicht gestattet, irgend Jemand, weder Verwandte noch fremde Personen, ohne Erlaubnis der Fabrikbesitzer oder der Geschäftsführer einzuladen.

§10 Jeder Arbeiter, welcher schlechte Arbeit liefert, seinen Platz und seine Maschinen nicht reinlich hält, verfällt in eine dem Fehler angemessene Strafe.

§21 Körperliche Züchtigung ist sowohl unter den Arbeitern selbst, sowie der Oberaufsicht gegen die Untergebenen strengstens untersagt, und werden in diesem Falle ohne Unterschied der Personen die strengsten Strafen verhängt. Der betreffenden Mitarbeiter hat von demjenigen, der ihn thätlich mißhandelt, eine Entschädigung von 1 bis 6 Tagen seines Arbeitslohnes, und wenn er einige Zeit zur Arbeit unfähig würde, nach Verhältnis die doppelte Entschädigung anzusprechen, und hat der Thäter jegliche Kosten bis zur Wiederherstellung zu vergüten. Das verhängen von Strafen steht allein nur der Direktion zu.