„Ich trete in den Fabriksaal. Ölige Luft schlägt mir entgegen …“
So beschreibt eine Arbeiterin ihre Arbeitsumgebung im Rahmen einer Erhebung des Deutschen Textilarbeiterverbandes über die Arbeitsbedingungen von Textilarbeiterinnen 1931. Sie spricht von einer Arbeit, die reduziert ist auf viele einzelne Handgriffe, der Hetze um das Erreichen der Stückzahlen im Akkord, der abstumpfenden Eintönigkeit der Tätigkeiten – „so geht das immer, neuneinhalb Stunden lang!“ (1)
Im Knäuelsaal der „Hanfwerke Füssen-Immenstadt“ stehen, dicht an dicht, endlose Reihen von Maschinen, an denen Frauen in Akkordarbeit das Garn von den Spulen zu Knäueln wickelten. Um 1930 produzierten die „Hanfwerke Füssen-Immenstadt, (Name des Werkes seit der Fusion 1920 mit ihrem Konkurrenten der „Mechanischen Seilerwaarenfabrik Füssen“) gemeinsam die stattliche Anzahl von über 10 Millionen Garnen. (2)
Eine mechanische Knäuelmaschine der Firma „Spinnbau“ in Brackwede aus dem Jahr 1931 steht funktionstüchtig im Museum Hofmühle.
Wie ein riesiges Flechtwerk durchziehen Transmissionsriemen die Fabrikhalle. Erst im Laufe des 20. Jahrhunderts wurde die Kraftübertragung mittels einer zentralen Turbine durch elektrisch betriebene Maschinen abgelöst. Das Unfall- und Verletzungsrisiko durch die Transmission und schnell drehende Teile war hoch. Die Frauen trugen deshalb am Arbeitsplatz meist hochgesteckte Haare oder Kopftücher. Neben hohem Lärmpegel und einer konstanten Staubbelastung in den verschiedenen Arbeitsbereichen setzten den Beschäftigten mitunter auch extreme Temperaturen, meist Hitze aber auch Kälte zu.
(1) Aus: Mein Arbeitstag – Mein Wochenende. 150 Berichte von Textilarbeiterinnen. Gesammelt und herausgegeben vom Deutschen Textilarbeiterverband. Berlin 1931, in: Herzog, Marianne: Von der Hand in den Mund. Frauen im Akkord, Berlin 1976, S. 10 ff
(2) Museum Hofmühle Immenstadt, Ein Lesebuch zur Orts- und Museumsgeschichte Immenstadts, Immenstadt 2009, S. 35