
Bildnachweis: Archiv Kunert, Archiv Museum Hofmühle
„Modern sein heißt nicht, das Menschliche zu verlieren“
(aus dem Geleitwort der ersten Ausgabe der Werkszeitschrift „für uns“ von 1970)
Die Firmengeschichte des Unternehmens Kunert hatte in Böhmen begonnen. 1907 gründete Maria Kunert eine Strickfabrik. Seit 1924 bestand in Warnsdorf die „Wirkwarenfabrik Julius Kunert und Söhne“ und 1938 war die Firma mit der Produktion von Feinstrumpfhosen aus Kunstseide zu Europas größtem Strumpfhersteller mit 5.000 Mitarbeitern aufgestiegen. 1946 siedelten die Kunerts nach Immenstadt über und brachten ihre qualifizierten Arbeitskräfte mit. Die Kunert-Strumpfwerke wuchsen in Immenstadt zum größten Arbeitgeber vor Ort an und Immenstadt startete in eine weitere Phase der Industrialisierung im textilen Sektor.
Mit dem „Kunert Werk 2“ erfolgte 1957 eine Erweiterung auf dem Gelände der ehemaligen Riedel-Motorenwerke. Ende der 1970er Jahre kaufte Kunert die Konkurrenten Hudson und Arlington und platzierte sich mit mehreren weltbekannten Marken. Bis 1988 blieb die Firma Kunert ein Familienunternehmen, dann kam der Börsengang. Bis heute ist Kunert eine der bedeutendsten Strumpfmarken.
„Wer das Garn beherrscht, beherrscht den Markt“ dieses Zitat des Firmenchefs Julius Kunert war nicht nur Schlagwort, sondern auch Konzept. Bei Kunert legte man Wert auf hochwertige Garne. Ein Spezialgebiet war die Garnveredelung und mit der hauseigenen Entwicklung der Faser Chinchillan im Jahre 1966 erreichten sie einen Meilenstein in der Garntechnologie. Chinchillan ist ein aufgezwirbelter und aufgebauschter dünner Perlonfaden, der so bearbeitet, deutlich elastischer wird als ein glattes Garn. Neben dem Vorteil der Elastizität ermöglicht die Faser einen seidigen Glanz. Technische Weiterentwicklungen, wie Chinchillan faltenfrei und Chinchillan laufmaschenfrei (ca. 1990) kamen auf den Markt.
Laut dem langjährigen Marketingexperten im Unternehmen, Gunther Le Maire, war der Schwerpunkt der Werbung die Marke Kunert in Verbindung mit Chinchillan.
Wenig verschiedene, dafür aber gut ausgearbeitete Artikel für qualitätsbewusste Kundinnen bestimmten das Sortiment bei Kunert. 1952 führte man Rundstrickmaschinen ein, die die Naht bei Strümpfen überflüssig machten.
„Repassieren“ nannte man das Auffangen von Laufmaschen und Reparieren, als die Feinstrümpfe noch exklusiv und kostbar waren. In den 1950er Jahren entwarf die sehr erfolgreiche Werbung für Damenstrümpfe eine Gegenwelt zum entbehrungsreichen Nachkriegsalltag und vermittelt einen Traum von Luxus, Eleganz und Leichtigkeit. Kunert gelingt 1954 mit der Damenstrumpf-Kollektion „Soraja“ eine Kult-Marke für die Wirtschaftswunderzeit zu erschaffen, die benannt ist nach einem damaligen Star der Regenbogenpresse, der Ehefrau des letzten persischen Schahs.
Modische Tendenzen in den 60er und 70er Jahren stellten weitere Anforderungen an Strümpfe. So lag seit dem Minirock die Zukunft bei der Strumpfhose. Und „hot pants“ sahen nur gut aus mit einer Strumpfhose ohne abgesetztem Höschenteil.
Kunert prägt nicht nur den Strumpfmarkt, sonders ist auch Vorreiter in Sachen Ökologie. Themen wie Sicherheit am Arbeitsplatz und Gesundheit der Mitarbeiter spielten eine Rolle beim Umweltmanagement von Kunert und der daraus resultierenden weltweit ersten betrieblichen Umweltbilanz 1989, die als Pionierleistung auf diesem Gebiet gilt.
Die Werkzeitschrift
Der Name der Werkzeitschrift „für uns“ ist Motto für die seit Anfang 1970 erschienene Werkzeitschrift der Firmengruppe Julius Kunert. Die von der hauseigenen Werbe- und Presseabteilung mit Sitz in Immenstadt herausgegebene Publikation informierte nicht nur quartalsweise über das Betriebsgeschehen, sondern sollte auch das „Wir-Gefühl“ in der Belegschaft stärken.